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AuktionsberichtAuf höchste Qualität konzentriert

Das Züricher Sammlerpaar Rolf und Margit Weinberg hat in den letzten 50 Jahren eine der bedeutendsten Privatkollektionen Europas aufgebaut. Sotheby’s versteigert am 13. Mai in New York mehrere Meisterwerke der Moderne aus dem Nachlass.Barbara Kutscher 24.04.2025 - 14:44 Uhr Artikel anhören
Paul Cézanne malte das „Portrait de Madame Cézanne“ um 1877. Mit einer Schätzung von fünf bis sieben Millionen Dollar ist es das Toplos der Sammlung. Foto: Sotheby's

New York. Er hat sie mindestens 29 Mal gemalt: seine geduldige Geliebte und spätere Frau Hortense Fiquet. Paul Cézanne zeigte sie oft im Sessel sitzend, mit im Schoß gefalteten Händen, aber auch manchmal nur ihren Kopf. Wie die superbe Schau „Madame Cézanne“ im Winter 2014 im Metropolitan Museum of Art in 26 erstmals versammelten Porträts aus über 20 Jahren belegte, nutzte Cézanne das vertraute Motiv seiner gleichgültig dreinschauenden Muse, ebenso wie die berühmte provenzalische Landschaft am Montagne Sainte-Victoire oder seine Früchtestillleben, nur zur Entwicklung seines Stils hin zur Abstraktion.

Das Met lieh damals ein intimes Kleinformat mit dem ungewöhnlichen Blick auf Hortenses gesenkten Kopf mit gescheiteltem Haar (um 1877) aus einer nicht genannten Schweizer Privatsammlung aus. Dieses „Portrait de Madame Cézanne“ ist nun das Highlight unter acht Gemälden, die Sotheby’s am 13. Mai in New York aus dem Nachlass der bedeutenden Züricher Sammler Rolf und Margit Weinberg versteigern wird, es soll fünf bis sieben Millionen Dollar einspielen.

In Henri Matisses Gemälde „Le Bras“ von 1938 spielt ein bloßer Arm die Hauptrolle. Dafür werden vier bis sechs Millionen Dollar erwartet. Foto: Sotheby's

Über 50 Jahre lang konzentrierten sich die Weinbergs nur auf ungewöhnliche Werke höchster Qualität. Margit Weinberg-Staber ist im Februar 2024 verstorben, ihr Mann verschied bereits 2022 im Alter von 92 Jahren. Erst die Ausstellung „El Greco bis Mondrian: Bilder aus einer Schweizer Privatsammlung“ machte die bis dahin unbekannte Sammlung publik. In den Jahren 1996 bis 1997 tourte sie durch Museen in Aarau, Wuppertal und Dresden. „Eine der bedeutendsten Sammlungen der neueren Kunstgeschichte bis zur klassischen Moderne in der Schweiz“, schwärmte damals der Katalog. Neben wichtigen Einzelwerken gab es auch ganze Werkgruppen von Gemälden aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Wie Rolf Weinberg in einem Interview 2014 mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) erklärte, interessierten sie sich aber auch für Antiquitäten, Kunst aus Afrika, Ägypten und Indien. Er habe sich nie auf eine bestimmte Zielrichtung oder Zeit festgelegt, ihn spreche vor allem das Rätselhafte an: „Was hat der Künstler genau gemeint“?

Auch Lisa Dennison, Sotheby’s Chairman Americas, begeistert sich: „Heutzutage findet man nur noch selten eine Sammlung, die über Jahrzehnte hinweg so sorgfältig zusammengetragen wurde, geprägt von echter Kennerschaft, einem unbeirrbaren Sinn für Qualität und einem stets weiterentwickelten, stets aktuellen Blick. Sie ist ein kulturelles Erbe des Sammelns im wahrsten Sinne des Wortes.“

Egon Schieles dramatische Landschaft „Gewitterberg (Kapelle auf dem Kreuzberg bei Krumau)“ von 1910 soll zwei bis drei Millionen Dollar bringen. Foto: Sotheby's

Bereits im Mai 1998 hatten die Weinbergs acht moderne und auch einige lateinamerikanische Werke bei Sotheby’s in New York versteigern lassen. Highlight war damals Gustave Courbets faszinierendes Porträt „Jo, La Belle Irlandaise“ (1865), eine von vier bekannten, wenig variierten Versionen des beliebten rothaarigen Modells Joanna Hiffernan und die letzte noch in Privathand. Gemälde von Pablo Picasso, Oskar Schlemmer und Fernand Léger waren auch dabei. Er wolle sich zur Ruhe setzen, so Weinberg damals, der an der Züricher Bahnhofstraße elegante Modegeschäfte betrieb. Außerdem sollte künftig der Sammelfokus auf Alten Meistern und Schweizer Konstruktivisten liegen. Margit Weinberg-Staber, die an der legendären Hochschule für Gestaltung Ulm studiert hatte, amtierte seit 1987 als Gründungsdirektorin des Museum Haus Konstruktiv, in dem das kunsthistorische Erbe der international erfolgreichen Züricher Konkreten, darunter Max Bill, Richard Paul Lohse oder Camille Graeser, bewahrt wird.

Die Auktion war ein Erfolg. Laut „New York Times“ verkauften sich die Werke „unglaublich gut“. Bei taxgerechten 2,9 Millionen Dollar setzte Courbets „Jo“ einen neuen Rekord für den Künstler.  
Auch jetzt beschränken sich die acht marktfrischen Werke aus dem Nachlass auf das späte 19. Jahrhundert bis zu Henri Matisses „Le Bras“ von 1938, in dem ein bloßer Arm die Hauptrolle spielt. Dafür werden vier bis sechs Millionen Dollar erwartet. Auch Cézannes Zeitgenosse Edgar Degas steuert ein Frauenbildnis bei. „Madame de Rutte“ (um 1875), Schwester von Degas’ Malerfreunden, den Zwillingen Jean und Emmanuel Benner, sitzt inmitten ihres bürgerlichen Pariser Interieurs. Hier beläuft sich die Schätzung auf 1,5 bis zwei Millionen Dollar.

László Moholy-Nagys konstruktivistisches Gemälde „Am 3“ aus dem Jahr 1923 tritt bei drei bis fünf Millionen Dollar mit dem höchsten Schätzpreis für ein Werk des Künstlers an. Foto: Sotheby's

Egon Schieles dramatische Landschaft „Gewitterberg (Kapelle auf dem Kreuzberg bei Krumau)“ von 1910 hatte Weinberg beim Schiele-Spezialisten Galerie St. Etienne in New York erworben. Es soll jetzt zwei bis drei Millionen Dollar bringen. Zwei bedeutende Bauhaus-Lehrer sind mit Abstraktionen vertreten. László Moholy-Nagys konstruktivistisches Gemälde „Am 3“ (1923) tritt bei drei bis fünf Millionen Dollar mit dem höchsten Schätzpreis für ein Werk des Künstlers an. Laut Datenbank Artnet verharrt der Spitzenpreis für eine seiner Abstraktionen aus dem Jahr 1923 seit Juni 2007 bei 1,6 Millionen Dollar. Wassily Kandinskys „Anfang“ (1925) ist auf zwei bis drei Millionen Dollar taxiert. Auch von Edvard Munch kommt ein Porträt zum Aufruf. Es zeigt seinen frühen Förderer Heinrich C. Hudtwalcker (1925, 800.000 bis 1,2 Millionen Dollar), der die alteingesessene Hamburger Familienfirma führte, die mit Fischöl handelte. In Norwegen wurde er zum begeisterten Sammler Munchs.

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