Gastkommentar: Die Klimadiplomatie braucht Gegenseitigkeit
Der Klimawandel ist das Ergebnis von Fehlanreizen: Nationale und unilaterale Klimapolitik verursacht hohe Kosten und oft Wettbewerbsnachteile, während der Nutzen global verteilt ist. Dies führt zu unzureichenden Anreizen für nationales Klimahandeln.
Das Pariser Abkommen und die bisher 28 Klimakonferenzen (aktuell die COP28 in Dubai), die weitgehend auf freiwilligen nationalen Selbstverpflichtungen beruhen, lösen dieses Anreizproblem nicht und bleiben daher dramatisch hinter den Klimazielen zurück: Die CO2-Emissionen steigen weiter, statt drastisch zu sinken.
Abhilfe könnte ein internationaler Mindestpreis für CO2-Emissionen leisten. Er würde alle Emittenten zwingen, die Kosten ihres Handelns für die Weltgemeinschaft zu berücksichtigen, und bietet weitere Vorteile wie einfache Messbarkeit und Vergleichbarkeit, flexible nationale Umsetzungsmöglichkeiten und Durchsetzbarkeit durch reziproke Belohnungen und Sanktionen, zum Beispiel durch einen Grenzausgleichsmechanismus. Bei Letzterem wird der CO2-Gehalt der Importe der gleichen Bepreisung unterzogen wie jener der heimischen Produktion.
Insbesondere das Prinzip der Reziprozität, das in der Klimadiplomatie bisher weitgehend fehlt, ist für jede Kooperation essenziell. Es schützt vor Ausbeutung und motiviert zum Mitmachen.
Drei Punkte können ein reziprokes Klimaabkommen erleichtern
Der von der Bundesregierung ins Leben gerufene Klimaklub bietet die Chance für ein reziprokes Klimaabkommen. Kooperation ist nicht einfach zu erreichen und erfordert ein schrittweises Vorgehen. Die folgenden Vorschläge können den Einstieg erleichtern:
1. bilaterales Engagement: Eine international wirksame Klimakooperation setzt voraus, dass sich (mindestens) die USA und die EU auf einen CO2-Mindestpreis einigen und andere zum Mitmachen einladen. Die gemeinsame Handelsmacht kann durch Sanktionen und Belohnungen die Kooperationsbereitschaft anderer Regierungen fördern.
Die USA zögern noch, aber die Überarbeitung der Steuergesetze 2025 wird neue Einnahmequellen erfordern, und ein CO2-Preis in Verbindung mit einem Grenzausgleich würde nicht nur den grünen Technologien und Zielen helfen, sondern zum Beispiel auch der US-Stahlindustrie, deren Produktion weniger kohlenstoffintensiv ist als die ihrer Konkurrenten.
2. Zunächst moderater Mindestpreis: Da ein Mindestpreisabkommen zusätzlich zu allen bestehenden und geplanten klimapolitischen Maßnahmen umgesetzt werden kann, wäre zu Beginn ein moderater CO2-Mindestpreis denkbar. Ist das Abkommen erst einmal etabliert, kann der Preis später relativ leicht angepasst werden.
Auch könnte der Mindestpreis zunächst nur für bestimmte Branchen oder Sektoren ausgehandelt werden, etwa für den Stromsektor, wo die Umsetzung vergleichsweise einfach und fortgeschritten ist.
Ein transatlantisches Methanabkommen wäre ein guter erster Schritt
3. Methanabkommen: Ein transatlantisches Methanabkommen könnte den Weg für eine Klimakooperation ebnen. Die Reduzierung von Methanemissionen ist unerlässlich, um den globalen Temperaturanstieg auf ein akzeptables Niveau zu begrenzen, und der Öl- und Gassektor bietet das größte Potenzial für kosteneffiziente Minderungsmaßnahmen.
Im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) haben die USA bereits eine Methanemissionsgebühr als Teil neuer Methanvorschriften für den Öl- und Gassektor eingeführt. In einem parallelen, aber nicht koordinierten Prozess führt die EU neue Methanvorschriften für fossile Brennstoffe ein. Im Gespräch ist auch, Importe aus Ländern, die bestimmte regulatorische Standards nicht erfüllen, zu sanktionieren.
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Eine Koordinierung dieser transatlantischen Bemühungen würde Öl- und Gasexporteure dazu veranlassen, ähnliche Methanemissionsvorschriften wie die USA und die EU zu übernehmen oder andernfalls mit einer Grenzabgabe auf Exporte in beide Rechtsräume zu rechnen. Die Klimaschutzwirkung wäre groß, die Auswirkungen auf die Energiepreise für die Verbraucher wären aufgrund der geringen Kosten für die Vermeidung von Methanemissionen jedoch kaum spürbar. Und eine wichtige Erweiterung eines Abkommens scheint möglich: Auch China hat kürzlich angekündigt, Methanemissionen reduzieren zu wollen.
Ein strategischer Ansatz ist dringend erforderlich, um der dramatischen Entwicklung der Treibhausgasemissionen entgegenzuwirken und die fragile Architektur der nationalen Klimapolitiken auf ein stabiles Fundament zu stellen. Ein gemeinsames Methanabkommen wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Der potenzielle Nutzen für die EU, die USA und die Welt sollte nicht unterschätzt werden.
Die Autoren:
Kimberly Clausing ist Professorin für Steuerrecht und Steuerpolitik an der University of California in Los Angeles.
Axel Ockenfels ist Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Universität Köln und Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn.



Peter Cramton ist Professor für Wirtschaftswissenschaft an der Universität Maryland.
Catherine Wolfram ist Professorin für Energiewirtschaft und Angewandte Wirtschaftsforschung an der MIT Sloan School of Management.
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