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FührungLeitwölfe passen nicht mehr in diese Welt

Die Führungsmodelle dieser Welt sind vom Leitwolf inspiriert. Dabei funktioniert die biologische Form der Führung anders. Was wir von Nikes Leadership lernen können.Frank Dopheide 04.03.2024 - 11:26 Uhr
Frank Dopheide ist Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung human unlimited, die sich auf das Thema „Purpose“ spezialisiert hat. Zuvor war er unter anderem Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und Chairman von GREY Worldwide. Foto: Klawe Rzezcy, Getty Images

In unserer Welt ist das Prinzip Leitwolf fest verankert. Der Auserwählte, der mutig vorangeht, das Rudel mit Zähnen und Klauen verteidigt und die Weisheit mit Löffeln gefressen hat, ist seit jeher der Idealtypus starker Führung. Je unübersichtlicher die Zeiten, desto größer die Sehnsucht danach.

Der Leitwolf schreitet voran, der Rest läuft hinterher. Das macht das Ganze schon mal einfacher und übersichtlicher. Besonders die aktuelle Ü70 in der Politik ist von sich und diesem Leitbild zutiefst überzeugt:

Putin, Erdogan, Trump und Co. haben es in der Variante Despot zu ihrem Erfolgsprinzip erklärt. In der Wirtschaft kennen wir eher das Modell Zampano. Elon Musk führt damit mehrere Milliardenkonzerne und die weltweite Reichenliste. Leadership ist der Verkaufsschlager unserer Tage in den Top Etagen, den Bestsellerlisten und Führungskräftetrainings.

Bei genauer Betrachtung ist dieses Casting jedoch eher in Hollywood erfolgreich. Aquaman, Thor und Dom Toretto, auf der Leinwand kann es nur einen geben. Im Geschäftsleben ist dieses Führungsmodell kein Garant für ein Happy End.

Der Leitwolf ist mit 5G-Geschwindigkeit überfordert

Die Realität ist komplizierter als das Drehbuch. Der einzelne Leitwolf ist mit der Komplexität und der 5G-Geschwindigkeit unserer Tage überfordert – auf den Führungsetagen herrscht Entscheidungsstau.

Die biologische Welt kennt ein interessantes, lebendiges Gegenmodell.

Ameisenvölker lassen sich weder von großen Höhen oder Wasserhindernissen abhalten, reagieren agil und individuell auf Herausforderungen, übernehmen unterschiedliche Rollen und Aufgaben, wenn es die Situation erfordert. Ameisen haben eine Königin, die allerdings keinerlei Entscheidungsgewalt hat. Ameisen haben keine Strategieabteilung und keine Excelcharts. Wer oder was führt sie?

Die biologische Form der Führung funktioniert anders. Blicken wir auf unseren eigenen Körper. Hochkomplex, meist agil und vom ersten Atemzug des Lebens prozessual angelegt.

Beispiel Nike: Nach Leadership kommt Valueship

Unternehmen werden zu Sinngemeinschaften, denen sich jeder Mitarbeitende immanent verbunden fühlt, seine Aufgabe für das Große und Ganze klar vor Augen hat und in sich trägt. Eine Sinngemeinschaft, die sich einer bedeutsamen Sache verschrieben hat, die größer ist als die Egos aller Beteiligten, bildet den Kern des Zusammenhalts und sorgt wie der Kern eines Atoms, die sogenannte Insel der Stabilität, für die notwendige Anziehungskraft.

Das ist keine neue Erkenntnis, aber eine neue Organisationsform. Nike ist hier ein Vorläufer. Eine reine Marketingorganisation. Außer Ideen und Hype produziert Nike nichts selbst. Doch seit 1964 läuft diese Maschine wie am Schnürchen, in aller Herren Länder. Mit 160 Milliarden Marktkapitalisierung zählt Nike zu den hundert wertvollsten Unternehmen unseres Planeten.

Wie funktioniert Valueship?

Startpunkt ist der berühmte Purpose. Nike hat sich das auf die Fahne geschrieben: „die Welt durch Sport zu vereinen, um einen gesunden Planeten, aktive Gemeinschaften und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu schaffen“.

Werte sind keine in Stein gemeißelten Substantive, sondern aktivierende Energiefelder. Ein Haltungsbild definiert das Spiel, die Handlungen und Laufwege der 84.000 Mitspieler*innen. Wo andere Proaktivität einklagen, feuert Nike sein Team an: „Wir spielen auf Angriff. Die ganze Zeit.“

Während sonst Unsummen in Prozessoptimierung investiert werden, verändert Nike die Spielregeln: „Alles, was zählt, ist das perfekte Ergebnis, nicht der perfekte Prozess. Brich die Regeln!“ Die Risikoanalyse kommt nicht in Excelcharts, sondern per Warnschild: „Das sind unsere gefährlichsten Gegner: Bürokratie, persönlicher Ehrgeiz, viele Energiefresser – wenig Energiequellen und zu viele Bälle gleichzeitig in der Luft.“

Damit wird tägliches Tun greifbar und handhabbar, besser als eine Jobbeschreibung es je könnte. Kultur ist die Summe der unausgesprochenen Selbstverständlichkeiten.

Nikes „Just do it“ ist nicht nur ein Werbeclaim, sondern täglicher Anfeuerungsruf. Das macht den Unterschied, hält den Laden zusammen und öffnet neue Wege. Damit könnte Nike sogar Fünf-Sterne-Hotels bauen.

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Jeder Mitarbeiter wüsste, was er zu tun hätte, und jeder Kunde wüsste, was ihn erwartet, noch ehe er die Lobby beträte. Sich vorzustellen, wie Joggingschuhe von Marriott aussähen, ist da schon schwieriger. Das ist Valueship. Leadership from inside sozusagen.

Mehr: Was passiert mit einer Gesellschaft, die ihre Zukunft für eine traurige Angelegenheit hält?

Erstpublikation: 20.02.2024, 19:44 Uhr.

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