Kommentar: Der schlechte Mobilfunkempfang auf dem Land und im Zug ist eine Schande

Beim jüngsten Test haben alle drei Netzbetreiber ein „sehr gut“ bekommen. Das macht die Tests wenig aussagefähig.
Düsseldorf. Deutschland will eine führende Digitalnation sein. Die Netzbetreiber bezeichnen sich gern als die Architekten dieses Wandels. Schließlich stellen sie mit ihrer Infrastruktur die Lebensadern der digitalen Welt bereit. In Zügen und auf dem Land ist die Versorgung jedoch lückenhaft. Dieser Zustand ist ein Offenbarungseid für eine Industrienation wie Deutschland.
Wer viel mit dem Zug oder mit dem Auto in Deutschland unterwegs ist, kann leidvolle Geschichten erzählen. Gespräche am Telefon reißen ab. Datenverbindungen kommen gar nicht erst zustande. Selbst wer zwischen Großstädten in Deutschland unterwegs ist, kann nicht zuverlässig telefonieren.
Obwohl diese Probleme seit Jahren bekannt sind, hat sich daran nur wenig geändert. Die Bundesnetzagentur hatte zwar die Netzbetreiber verpflichtet, eine zuverlässige Verbindung entlang der Hauptverkehrswege bis Anfang 2020 sicherzustellen.
Offiziell halten die Betreiber diese Vorgabe seit dieser Woche ein. Doch das sagt wenig aus. Denn die Behörde prüft nur, ob die Leistung der Antennen entlang der Hauptverkehrswege ausreichend ist. Ob und wie viel letztlich bei Kundinnen und Kunden im Zug oder Auto ankommt, ist ein völlig anderes Thema.
Die Deutsche Telekom hat vollmundig im Sommer versprochen, dass ihre Kunden künftig auf allen Bahnstrecken in der Bundesrepublik telefonieren und im Internet surfen können. Allerdings will der Konzern das Ziel erst bis Ende 2026 einhalten. In ihrer Werbeankündigung räumt die Telekom ein, dass dann einige Regionalstrecken überhaupt das erste Mal Empfang haben werden.
Sinnlose Mobilfunktests
Das ist keine Werbung. Das ist ein Eingeständnis des eigenen Versagens. Es ist unglaublich, dass wir heute noch so eklatante Probleme im Mobilfunk haben. Die Netzbetreiber weisen die Schuld dafür gern der Bahn zu. Schließlich können Züge den Mobilfunkempfang stören. Letztlich ist es aber eine Frage des Wollens. Denn natürlich gibt es technische Lösungen für diese Herausforderungen.
Die Schweiz macht vor, wie es geht. Die Topografie des Landes mit vielen hohen Bergen, Tälern und Tunneln ist für den Mobilfunk viel herausfordernder als die Lage in Deutschland. Dennoch schneiden die Schweizer Netze seit Jahren viel besser ab als die deutschen.
Beim jüngsten Test des Dienstleisters Umlaut und der Zeitschrift „Connect“ war die Schweiz erneut hervorragend, während sich in Deutschland die Versorgung entlang der Bahnstrecken teilweise sogar verschlechtert hatte. Und das, obwohl die Mobilfunker in etwa die Zeiten für die Tests kennen und in diesen Phasen ihre Netze aufhübschen, etwa indem sie den Austausch von Antennen verschieben.



Letztlich hapert es an der Bereitschaft der Netzbetreiber, die lückenhafte Mobilfunkversorgung in Deutschland wirklich anzugehen. Natürlich könnte ein Anbieter deutlich mehr Geld verlangen, wenn er unterbrechungsfreien Datenverkehr und Telefonverbindungen in Deutschland garantieren könnte. Doch das kann niemand.
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