1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kommentare
  4. Kommentar: Wo die Grenzen der China-Strategie liegen

KommentarDie neue China-Strategie darf nur der Anfang sein

Für eine radikale Neuausrichtung der Chinapolitik fehlte der Bundesregierung die Geschlossenheit. Wichtiger ist nun jedoch die Praxis.Dana Heide 14.07.2023 - 07:32 Uhr
Artikel anhören

Mit der Chinastrategie formuliert die Bundesregierung erstmals eine deutsche Linie gegenüber China.

Foto: dpa

„Der Blick auf die kleinen Vorteile macht große Leistungen unmöglich“ – diesen Satz soll einmal der chinesische Philosoph Konfuzius gesagt haben. Er könnte mit Blick auf den künftigen Umgang der Bundesregierung mit China nicht treffender sein.

Die Herausforderung durch die riesige und immer selbstbewusster auftretende Wirtschaftsmacht wird Deutschland nur bestehen, wenn es einheitlich auftritt und sich bewusst wird, was es will. Wenn eben jedes einzelne Mitglied der Bundesregierung nicht auf den eigenen, kurzfristigen Vorteil schaut, sondern auf das große Ganze.

Die nun vorgelegte Chinastrategie, das erste gemeinsame Papier dieser Art einer Bundesregierung in der Geschichte der Bundesrepublik, ist dafür ein Anfang. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Vieles wurde viel zu sehr geglättet, insbesondere das Kanzleramt hat allzu harte Positionen gegenüber China mit Rücksicht auf die deutsche Wirtschaft mit großem Chinageschäft geschliffen. Dass das Papier nicht wie schon bei der Nationalen Sicherheitsstrategie gemeinsam mit dem Kanzler vorgestellt wurde, sieht nicht gut aus. Es mag an Terminschwierigkeiten gelegen haben oder an der grundsätzlichen Entscheidung, nicht alle Strategiepapiere mit dem halben Kabinett vorstellen zu wollen. Es wäre jedoch ein deutlicheres Signal an China gewesen, wenn auch der Bundeskanzler bei der Vorstellung buchstäblich hinter der Strategie gestanden hätte – und nicht nur die Außenministerin allein.

Dennoch: Dass sich drei so unterschiedliche Parteien und 14 Bundesministerinnen und -minister überhaupt auf eine gemeinsame Position einigen konnten, die über hohle Phrasen hinausgeht, ist ein Erfolg. Und in manchen Punkten hat sich die Koalition vielleicht auch zu viel vorgenommen. Dass man sich auf so grundlegende Änderungen wie verpflichtende Stresstests und neue Transparenzregeln für Unternehmen mit hohem Chinaanteil im Rahmen eines ohnehin sehr komplexen Prozesses einigt, war vielleicht etwas zu ambitioniert.

Jedes Ressort verfolgt potenziell seine eigene Chinastrategie

Nun kommt es darauf an, wie die Strategie umgesetzt wird. Und genau dort liegen auch die Grenzen eines solchen Papiers. Sie muss allgemein genug sein, um den Tag zu überdauern, und konkret genug, um nicht zu viel Interpretationsraum zu bieten. Sie kann nicht für alle Eventualitäten Lösungen festlegen. Dann müsste sie 600 statt 64 Seiten haben.

Das Grundproblem bleibt daher bestehen: Potenziell verfolgt jedes Ressort seine eigene Chinastrategie. Beispiele gibt es genug. Aus Sicht des Verkehrsministeriums etwa ergibt es durchaus Sinn, beim 5G-Ausbau auf Technologie aus China zu setzen. Doch vor chinesischen Komponenten warnen die Geheimdienste. Die deutschen Forschungsinstitute sind für mehr Kooperation mit China, das Forschungsministerium warnt aber vor Abhängigkeiten und Einflussnahme.

Der Kanzler will mithilfe eines chinesischen Staatskonzerns den Hamburger Hafen retten, sein Kabinett sieht jedoch die Gefahren, die damit einhergehen. Die Liste ließe sich unendlich weiterführen.

Verwandte Themen China Xi Jinping Bundesregierung Koalition Banken-Stresstest

>> Lesen Sie auch hier: Anti-Spionage-Gesetz beunruhigt deutsche Unternehmen
Wer nur auf seinen eigenen Vorteil blickt, macht große Leistungen unmöglich – wichtiger noch als eine gemeinsame Chinastrategie ist dieses gemeinsame Verständnis. Wer es mit einer zentralistisch geführten Autokratie von der wirtschaftlichen Macht Chinas zu tun hat, braucht vor allem Geschlossenheit. Zumal das künftige Verhältnis zu China nicht einfacher werden wird.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Volksrepublik innerhalb kürzester Zeit stark in seinem Sinne verändert – mit mehr Kontrolle für den Staat und weniger Freiheiten für Wirtschaft und Gesellschaft. Und es steht zu befürchten, dass das erst der Anfang war. Niemand weiß, wie das Land in zehn Jahren aussieht, wenn Xi auch noch die letzten leisen Kritiker durch Loyalisten ersetzt hat.

Mehr: Bundesregierung beschließt erstmals eigene China-Strategie

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt