Kommentar: Die Wirtschaft scheint wie gelähmt in ihrer Angst vor Risiken


Für die deutsche Industrie beginnt eine Phase der Unsicherheit. Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle könnten die exportorientierte Wirtschaft hart treffen.
Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) würde ein Handelskrieg mit den USA Deutschland in den kommenden vier Jahren bis zu 180 Milliarden Euro kosten. Besonders betroffen wären deutsche Schlüsselindustrien wie der Maschinenbau, die Automobilbranche und die Pharmaindustrie.
Trump setzt mit diesem Handelskrieg zum wirtschaftspolitischen Kahlschlag an. Doch wie reagiert Europa auf Strafzölle und Protektionismus?
Während die USA Mauern um ihre Wirtschaft bauen, scheint zumindest Deutschland in seiner überkommenen Risikoscheu wie gelähmt. Deutsche Unternehmen verschieben aus Angst Investitionen, warten auf politische Signale oder halten an alten Geschäftsmodellen fest.
Die weltgrößte Industriemesse in Hannover soll mit ihren Innovationen eigentlich Optimismus verbreiten. Doch die Unternehmen zeigen sich so stark verunsichert wie seit der Coronapandemie nicht mehr. Energiekrise, Inflation und bürokratische Hürden haben die Industrie bereits stark geschwächt. Neue Handelsbarrieren könnten nun angesichts der multiplen Krisen im schlimmsten Fall zum Knock-out führen.
Wer aber glaubt, mit einem Weiter-so überleben zu können, der irrt gewaltig. Die Weltmärkte sind im Umbruch, und es wird keine zweite Chance geben. Die Zeit des Zauderns ist vorbei. Europas Industrie muss jetzt mutig voranschreiten, in Innovationen investieren und neue Wege gehen. Nur so kann sie die aktuellen Herausforderungen meistern und ihre Position auf den Weltmärkten stärken.
Investitionen in Zukunftstechnologien
Es ist ein Kraftakt, der gemeinsames Handeln und Entschlossenheit erfordert, denn die Zukunft Europas steht auf dem Spiel. Wer nicht in Innovation investiert, wird in wenigen Jahren den Anschluss verlieren.
Um sich jetzt stark aufzustellen, braucht es mehrere Schritte gleichzeitig.
Ein zentraler Hebel sind Investitionen in Zukunftstechnologien. Die Rüstungsindustrie bietet ein enormes Innovationspotenzial, das auch in zivile Bereiche ausstrahlen kann. Experten der Unternehmensberatung EY haben berechnet, dass jeder Euro, den die europäischen Nato-Staaten in Verteidigung investieren, eine etwa doppelt so hohe wirtschaftliche Aktivität erzielt. Eine Breitenwirkung, die sowohl Zulieferer als auch die Konsumausgaben der Beschäftigten beinhaltet. Auch der Ausbau der Infrastruktur lohnt sich für Unternehmen.
Das Sondervermögen der Bundesregierung in Höhe von 500 Milliarden Euro soll in beide Bereiche fließen. Viele Industrieunternehmen wollen sich entsprechend ausrichten.
Das ist gut so. Durch die Förderung von Forschung und Entwicklung in diesen Bereichen kann Europa technologischen Fortschritt erzielen und seine Abhängigkeit von anderen Märkten verringern.
Deutsche Unternehmen müssen ihre Abhängigkeit von einzelnen Märkten und Branchen verringern. Die Hannover Messe zeigt, dass die Industrie bestrebt ist, neue Geschäftsfelder zu erschließen und ihre Präsenz in Wachstumsmärkten auszubauen.






Das heißt auch: mehr Geld für Forschung und Entwicklung, weniger Risikoscheu und eine konsequente Strategie der technologischen Unabhängigkeit. In Zahlen heißt das laut der Unternehmensberatung BCG: Massive private und öffentliche Investitionen im Volumen von zusätzlich 1,4 Billionen Euro sind notwendig – bis 2030 –, um den Standort Deutschland für die Zukunft zu sichern.
Diversifizierung, Widerstandsfähigkeit, strategische Partnerschaften – das sind die Schlüssel zum Erfolg. Niemand kann sich mehr darauf verlassen, dass Länder wie die USA den Takt vorgeben, der Europa wirtschaftlich trägt. Die Welt von morgen gehört denen, die heute investieren.
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