Kommentar: VW plant Aus für Compliance-Ressort im Vorstand – ein gefährlicher Fehler

Mehr als 32 Milliarden Euro kostete der Dieselskandal den Autobauer bisher.
„Neue Leitplanken für Volkswagen: Wie man eine Krise als Chance nutzt und sich an Integrität und Compliance ausrichtet.“ So hat Hiltrud Werner gerade ein von ihr herausgegebenes Buch betitelt. Die VW-Vorständin ist im Wolfsburger Konzern für Recht und Integrität zuständig. Der Dieselskandal bescherte ihr reichlich Arbeit.
Nun scheint die Zeit von Hiltrud Werner abzulaufen. Die längst überfällige Verlängerung ihres bis Februar 2022 laufenden Vertrags steht aus, in Wolfsburg stellt man sich auf Abschied ein. Werner habe ihre Aufgabe erledigt, heißt es aus Aufsichtsratskreisen. Ihre Dienste würden bei Volkswagen nicht mehr gebraucht.
Das ist eine gefährlich Fehleinschätzung, die dringend korrigiert werden sollte. Zwar stimmt es, dass der Dieselskandal knapp sechs Jahre nach Bekanntwerden weitgehend abgearbeitet ist. Doch der Prozess, Volkswagen in ein besseres, regeltreues Unternehmen zu verwandeln, ist noch lange nicht abgeschlossen.
Vielmehr handelt es sich um eine Daueraufgabe. Der Konzern muss die weltweit mehr als 600.000 Mitarbeiter immer wieder dafür sensibilisieren, dass Gesetzesverstöße nicht geduldet werden und Whistleblower willkommen sind.
Der Dieselskandal gilt als größter Skandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Volkswagen brachte mehr als 32 Milliarden Euro für Bußgelder, Schadensersatz und technische Nachrüstungen auf. Etliche juristische Prozesse mussten und müssen bewältigt werden.
Finanzielle Risiken bleiben
Die USA schickten mit Larry Thompson eigens einen Aufpasser nach Wolfsburg, der mit einem großen Team neue Strukturen beim Autobauer installierte. Der ehemalige US-Staatsanwalt selbst empfahl ausdrücklich, Volkswagen solle das Compliance-Ressort im Vorstand beibehalten.



Kaum ist Thompson weg, schlägt Volkswagen seinen Rat offenbar in den Wind. Das könnte sich bitter rächen. Die rechtlichen und regulatorischen Anforderungen an einen der weltweit größten Autobauer werden immer strenger. Deshalb wäre der Konzern gut beraten, das Thema weiterhin im Vorstand anzusiedeln.
Das macht nicht nur aus Reputationsgründen Sinn. Auch das finanzielle Risiko ist immens. Die Manipulation der Dieselmotoren hat den Konzern viel Geld gekostet, das man viel besser für die Transformation zu anderen, umweltfreundlicheren Antrieben hätte nutzen können. Einen zweiten Skandal dieser Größenordnung wird sich Volkswagen nicht leisten können.





