Pro und Contra: Sind die EU-Autozölle gegen China richtig?


Pro: Protektionismus entsteht nicht aus einer Laune heraus
Von Roman Tyborski
Strafzölle sind nie gut – das ist eine wichtige Erkenntnis der Wirtschaftswissenschaften. Aber auch diese kann nicht über die Realitäten hinwegtäuschen. Und es ist eine Tatsache, dass die chinesische Regierung heimische Elektroautobauer mit Milliarden unterstützt. Laut einer Studie des Forschungsinstituts IfW Kiel sind die direkten Subventionen für Chinas größten Autobauer BYD von 220 Millionen Euro im Jahr 2020 auf über zwei Milliarden Euro 2022 gestiegen.
Es ist daher völlig unverständlich, warum die Bundesregierung samt Kanzler mit allen Mitteln versucht, die Strafzölle zu verhindern – aus Angst vor der Reaktion Pekings. Doch um was geht es hier in Wahrheit?
Es geht um gerade einmal etwa 380.000 Autos, die die deutschen Premiumhersteller BMW, Mercedes, Audi und Porsche im vergangenen Jahr nach China exportiert haben. Das Absatzvolumen des chinesischen Automarktes liegt bei gut 25 Millionen Pkw jährlich. Die deutsche Regierung exponiert sich also politisch für eine kleine Gruppe von Autobauern, die eine kleine Menge von Autos hier baut und nach China exportiert. So etwas nennt sich Klientelpolitik.
Brüssel hat gute Gründe für die Ankündigung der Strafzölle. Denn der Handel ist nicht fair. Was geschehen kann, wenn die staatlichen Instanzen nicht rechtzeitig gegen staatliches Dumping einschreiten, musste Deutschland in der Solarbranche erleben.
Es ist erstaunlich, warum es der deutschen Politik und den Unternehmen mitunter so schwerfällt, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.
Die Chefs der deutschen Autokonzerne wissen sehr wohl, dass die chinesische Konkurrenz in großen Dimensionen staatlich unterstützt wird. Sie wissen, dass es sich längst nicht mehr um gesunden Wettbewerb, sondern um einen staatlich lancierten Verdrängungswettbewerb handelt. Doch sie nahmen das in Kauf, weil sie vollkommen abhängig vom chinesischen Markt sind.
Wenn die EU es zulässt, dass Autokratien wie die chinesische die Regeln im internationalen Wettbewerb diktieren, dann verliert sie an Autorität und Glaubwürdigkeit. Die Ankündigung der Strafzölle war daher der richtige Schritt.
Contra: Die Sonderzölle sind ein Fehler
Von Markus Fasse
Die von der EU angekündigten Sonderzölle auf chinesische Elektroautos verfehlen ihr Ziel. Sie schützen weder die europäische Autoindustrie, noch helfen sie den Verbrauchern oder dem Klimaschutz. Denn in der Konsequenz bremst die EU den Wettbewerb, riskiert steigende Preise und koppelt Europa von dem chinesischen Markt ab, der mittlerweile als der innovativste der Welt gilt.
Zunächst zur vermeintlichen Bedrohung. Die chinesischen Hersteller BYD, Great Wall, X-Peng oder Nio haben seit Jahresbeginn zusammen um die zehntausend Autos in Deutschland verkauft – bei einem Gesamtabsatz von 1,1 Millionen.
Auch in den übrigen Ländern der EU kommen die Chinesen kaum über einen Marktanteil von einem Prozent hinaus. Selbst wenn die chinesischen Autohersteller subventioniert sind – bei den europäischen Kunden verfängt ihr Angebot bislang nicht.
Das wäre aber wünschenswert. Denn der Wettbewerb europäischer Autohersteller um bezahlbare Elektroautos ist überschaubar. Auch deshalb greifen die Käufer weiter zu Benzin und Diesel. Mit dem Rechtsruck bei der Europawahl wird nun wieder offen diskutiert, ob das für 2035 beschlossene Verbrennerverbot wieder gekippt wird.
Wenn die EU nun die chinesischen Hersteller ausbremst, wird sich die Elektrowende verzögern. Denn nicht Europa, sondern China treibt die Innovationen in Sachen Stromauto und Digitalisierung. Dieser Energie sollte sich Europa öffnen und nicht verschließen, wenn wir es mit der Antriebswende ernst meinen.
Auch die chinesischen Gegenmaßnahmen dürften schmerzen. Der höhere Einfuhrzoll für große Autos mit Benzin und Dieselantrieb trifft vor allem die in Deutschland gebauten Luxusmodelle von BMW, Mercedes und Porsche. Zudem könnten die Chinesen Kooperationen und Genehmigungen der deutschen Hersteller in China verzögern.

Noch schwieriger aber wären Beschränkungen in den Zulieferungen. Chinesische Firmen sind nicht nur die größten Hersteller von Batterien für Elektroautos. China kontrolliert auch fast alle wichtigen Rohstoffe und deren Weiterverarbeitung wie Kobalt und seltene Erden.
Wer hier einen Handelskonflikt mit China anzettelt, schadet nur sich selbst.
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